AUDIENZ FÜR DIE ITINERANTEN IN CASTEL GANDOLFO IM ANSCHLUSS AN IHRE INTERNATIONALE MISSION „ZUR ZWEIT“ AM 25.09.1984

AUDIENZ FÜR DIE ITINERANTEN IN CASTEL GANDOLFO IM ANSCHLUSS AN IHRE INTERNATIONALE MISSION „ZUR ZWEIT“ AM 25.09.1984

Hl. Johannes Paul II.

Castel Gandolfo, 25. September 1984 *

Gestern Abend verwandelte sich der Hof des päpstlichen Palastes von Castel Gandolfo während der Begegnung des Papstes mit den Katechisten-Itineranten der neokatechumenalen Gemeinschaften in ein Presbyterium. Es gab eine Kathedra, ein Kruzifix, das an die robusten, hellen Mauern gehängt wurde, ein Lesepult mit Evangeliar, ein Kreuz, eine Ikone der Allerseligsten Jungfrau. Dazu Teppiche und Blumen, Gladiolen in verschiedenen Farben, die dem Ort einen sakralen Charakter verliehen, und immer wieder Gebete, Lieder und Zeiten der Stille. Das Treffen von gestern Abend, das letzte des Heiligen Vaters vor seiner heutigen Rückkehr in den Vatikan, war wieder eine Begegnung des Gebetes, der Verkündigung des Wortes, des Zuhörens, des Nachdenkens und der Anregungen. Kiko Argüello, zusammen mit Carmen Hernández Initiator des Neokatechumenalen Weges, berichtete mit ruhigen, bisweilen lebhaften Worten über die letzte Erfahrung der Itineranz derjenigen, die an dieser Begegnung teilnahmen. So sagte er, zum Heiligen Vater gewandt:

Zwei Wochen lang sind diese „Letzten“, diese „Kinder des Reiches“ zur zweit unterwegs gewesen, um die Nationen der Welt zu besuchen – und sie hatten nichts bei sich als den armen, gekreuzigten Christus. Sie nahmen sich die Zeit, den Armen, den Ausgestoßenen, den Pfarrpriestern in den großen Hauptstädten sowie in den einsamen Gebieten Afrikas und Asiens die „Frohe Nachricht“ zu verkünden, um mit Glauben zu verkünden, dass Jesus Christus der Herr und der Erlöser des Menschen ist.

Kiko überbrachte dem Papst diese gemeinschaftliche Erfahrung der Itineranten, die jener der Apostel des Evangeliums ähnlich war, die nach der Predigt vom Kommen des Reiches voller Freude nach Hause zurückkehrten und die Kraft der Gegenwart des Herrn kosteten. In den verschiedenen Ländern Europas, Nord-, Süd- und Zentralamerikas, Afrikas, Asiens und Ozeaniens haben diese neuen Boten der Guten Nachricht für das Evangelium gelitten und sich an ihm erfreut. Der Initiator des Neokatechumenalen Weges hat dem Heiligen Vater in einem detaillierten Gesamtbild diese Erfahrung der Evangelisierung durch die Itineranten anschaulich gemacht.

Ein Ehepaar aus Rom, ein junger Seminarist aus Barcelona, ein italienisches Mädchen, eine Polin, ein Spanier und ein junger italienischer Priester erzählten unter großer Anteilnahme der Anwesenden ihre „Itineranten-Erfahrung“. Es war im Grunde ein öffentliches Bekenntnis der Wunder, die Gott durch seine „Gläubigen“ wirkt, die in die Welt hinausgehen, um sie aus ihrer Schläfrigkeit und religiösen Gleichgültigkeit zu reißen.

Von der großen Metropole New York bis hin zu den brasilianischen Favelas, von der Insel Kuba bis China, von Italien bis Skandinavien: Das sind die Etappen eines Berichts der Evangelisierung unserer Tage – erlebt und bezeugt mit der Kraft des Glaubens und der Liebe. „Sie haben uns auch für Drogensüchtige gehalten“, sagte die junge Polin, als sie ihre Erfahrung schilderte, „aber dann verstanden sie, dass wir eine christliche Botschaft hatten, die wir allen mit Respekt und Liebe mitteilten.“ Die Berichte und Zeugnisse enthielten auch einige Details, die die Macht Gottes sichtbar machten, der jene führt, die sich ihm mit aufrichtigem Herzen anvertrauen.

Im Folgenden geben wir die Rede des Papstes wieder:

Also, ich ziehe jetzt, eine, zwei, oder vielleicht drei Schlussfolgerungen… wir werden sehen. Die erste Schlussfolgerung ist die, dass ich in euren Berichten den authentischen Geist der Jünger Christi, die sich völlig auf den Herrn verlassen, gespürt habe. Man sagt „Itineranten“ (vom lateinischen Wort „iter“ für „Weg“) und ihr seid im Wortsinn Itineranten, aber dieses „auf dem Weg sein“ bedeutet, dass es Jesus ist, der mit euch unterwegs ist, mit euch gemeinsam und zu den anderen hin. Dass ihr Itineranten seid, ist sekundär. Die Hauptsache ist, dass Er Itinerant ist. Er will Itinerant sein. Er will nicht nur in der Kirche gegenwärtig sein, sondern auch in der Kirche Itinerant sein. Die Kirche muss Itinerantin sein und immer auf dem weg sein. Sie ist nicht nur eine schon systematisierte, organisierte, strukturierte Kirche, sondern eine Kirche auf dem Weg zu den Menschen, zu den Gemeinschaften, zu den Völkern, zu denen, die glauben, zu denen, die nicht glauben. Diese Einteilungen, diese Unterscheidungen existieren für Christus in einer anderen Art als für uns. Das ist die erste Schlussfolgerung.

Dann ist es ein wirklich evangeliumsgemäßes Vertrauen, das eure Itineranz charakterisiert: nichts mitnehmen, nichts haben, nicht auf sich selbst vertrauen, sondern das absolute Vertrauen auf die Vorsehung setzen und auf all das, was der Herr tun wird. Dann ist ein zweites Charakteristikum eurer Itineranz die Demut. (Ihr sagt:) „Der Herr hat mich gerettet, hat mich aus meinen Sünden herausgezogen, aus meinem Unglauben, und so habe ich eine große Gnade erlebt, habe eine Kraft des Herrn bekommen. Ich habe persönlich seine Kraft und seine Macht erlebt, jetzt muss ich gehen und diese Macht verkündigen, mehr noch, diese seine Macht den anderen übertragen“. Der Herr ist mächtig! – sagte der Heilige Vater mit lauter Stimme – Ihr vertraut auf die Macht des Herrn und ihr wollt diese Macht in euch selbst und auch in den anderen erleben. Der Herr ist mächtig in seinem Tod und in seiner Auferstehung, mächtig in seiner Gnade: Er ist mächtig im Heiligen Geist.

Nun, die letzte Schlussfolgerung ist die, dass ich, als ich Bischof von Rom und Papst wurde, in dieser Epoche der Itineranten auch Itinerant werden musste. Es gibt eine Parallele, eine Übereinstimmung. Aber ich muss sagen, dass diese Reisen, die ich mache, viel weniger hart sind. Ja, es ist wahr, dass sie viel von uns verlangen, denn das Tagesprogramm ist ziemlich anspruchsvoll, aber man ist nicht zu Fuß unterwegs, man fliegt mit Alitalia oder mit Air Canada, dann ist man im Papamobil, also, ich weiß nicht; ich glaube, dass ihr diese Art des Itinerant-Seins nicht akzeptieren könnt… Also frage ich mich: Kann ich es nicht anders machen? Ich bekenne es vor euch mit aller Demut, dass ich es nicht anders machen kann. Also sage ich euch: Lasst den Papst Itinerant sein, wie er es ist, und ihr seid Itineranten, wie ihr es seid… also singen wir… ihr müsst etwas singen: Das Lied, das ihr überall singt, und woran man erkennt, dass ihr Neokatechumenen seid: „Maria, du hast geglaubt“…

(*) Vgl. „L’Osservatore Romano“, 27. September 1984 (eigene Übersetzung aus dem Italienischen).