AUDIENZ FÜR FAMILIEN DES NEOKATECHUMENALEN WEGES AM 12.12.1994
Hl. Johannes Paul II.
Vatikanstadt – Aula Paul VI., den 12. Dezember 1994 *
Johannes Paul II. empfing am Morgen des 12. Dezember die Familien des Neokatechumenalen Weges in einer Audienz. Dabei haben 120 Familien vom Heiligen Vater den missionarischen Auftrag erhalten. Sie kommen aus Italien, Spanien, Polen, Indien, Irland. Sie werden das Evangelium in 40 Länder auf fünf Kontinenten verkünden. Die Länder Europas, die von der Missionsarbeit dieser Familien betroffen sein werden, sind unter anderem: Kroatien, Ukraine, Kasachstan, Finnland, Deutschland. In Amerika werden die neue Familien in Mission in den USA, Kanada, Costa Rica, Kolumbien und Venezuela tätig sein.
Während des Treffens in der Aula Paul VI. hielt der Heilige Vater folgende Rede:
Liebe Brüder und Schwestern!
1. Seid willkommen am Sitz Petri, der heute für viele von euch wie ein Hafen ist, in dem ihr die Segel setzt: Ihr seid nämlich für einen besonderen missionarischen Auftrag hierher gekommen, der über zweihundert Familien direkt betrifft, in dem aber richtigerweise auch die jeweiligen Gemeinschaften einbezogen sind.
Dies ist nicht das erste Treffen des Papstes mit den Familien des Neokatechumenalen Weges. Zu verschiedenen anderen Anlässen konnte ich Gruppen dieser Bewegung begegnen. Ich erinnere mich insbesondere an das Treffen 1988 in Porto San Giorgio, als ich am Fest der Heiligen Familie die Eucharistie mit euch feierte und 72 Familien, die danach zu ihrem Wanderdienst aufgebrochen sind, das Kreuz übergab. Damals sprach ich zu euch über die Dreifaltigkeit in der Mission und über die Familie in der Mission.
Die heutige Begegnung ist mit der damaligen verknüpft, allerdings in der Zwischenzeit bereichert von dem Weg der vergangenen Jahre, in denen die Kirche ihre Schritte in Richtung auf das dritte christliche Jahrtausend beschleunigt hat. Heute stehen wir darüber hinaus vor einem ganz anderen Hintergrund: Wir befinden uns im Jahr der Familie, das seinem Ende zugeht und das seinen Höhepunkt am vergangenen 8. und 9. Oktober erreichte, als sich eine riesige Zahl von Familien aus aller Welt auf dem Petersplatz versammelte.
Wenn wir nach vorne schauen, sehen wir, dass das Jubeljahr 2000, zu dessen Vorbereitung ich das Apostolische Schreiben Tertio Millennio adveniente an das gesamte Gottesvolk gerichtet habe, schon nahe ist. Die Kirche – als Familie von Familien – hat den Weg zu diesem Ziel entschlossen eingeschlagen, und es ist sehr wichtig, dass sie es so geeint und missionarisch wie möglich erreicht – von der Nächstenliebe um den einen Herrn versammelt und gleichzeitig vom Heiligen Geist zur Evangelisierung der Welt ausgesandt.
2. Das Jahr der Familie ist für die ganze Kirche in erster Linie ein einstimmiges Glaubensbekenntnis der Familien an den Schöpfergott, den Erlöser und Heiliger des Lebens. In diesem Jahr wird sich die Kirche und die ganze Welt stark der familiären Dimension dessen bewusst, was das Zweite Vatikanische Konzil als Beteiligung der Laien am prophetischen Amt Christi bezeichnet (vgl. Lumen Gentium, Nr. 35). Die Familie, als „kleine Kirche“ und „Hausgemeinschaft“, ist berufen, einen priesterlichen, prophetischen und königlichen Dienst zu tun. Das wird vom Konzil ausdrücklich hervorgehoben: „In dieser Aufgabe erscheint als besonders wertvoll jener Lebensstand, der durch ein besonderes Sakrament geheiligt wird, das Ehe- und Familienleben.“ (ebd.).
Die Wurzeln dieser Berufung finden sich natürlich in der Taufe, und der Neokatechumenale Weg besteht daher auch in einer „Reise“ zur Wiederentdeckung der Taufe. Es ist deshalb sehr bedeutsam, dass sich in den Gemeinschaften nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Familien engagieren, die bereit sind, die mit einer solchen Aufgabe verbundenen Schwierigkeiten und Verantwortungen gemeinsam auf sich zu nehmen – ohne die Verpflichtungen des Ehebundes zu vernachlässigen.
3. Liebe Brüder und Schwestern! Heute seid ihr hier, um eben diese missionarische und prophetische Dimension eures Glaubensweges zu bezeugen. Ihr wollt außerdem herausstellen, dass diese missionarische Dimension die Familie als solche angeht, denn die Wiedergeburt in der Taufe betrifft ihre Mitglieder nicht nur einzeln, sondern sie bezieht sie alle mit ein und verpflichtet sie als familiäre Gemeinschaft in einem tieferen Band der Einheit in der Liebe und zu einem stärkeren missionarischen Einsatz.
Das, meine Lieben, liegt eurem „Aufbruch“ zugrunde. Vergesst das nie! Das Kruzifix, das ihr heute erhaltet, soll euch jeden Tag daran erinnern, dass ihr nur deshalb zu einer Sendung aufgebrochen seid, weil ihr als erste von der barmherzigen Liebe Gottes erreicht und erneuert worden seid – als Familien für die Familien.
Macht euch also auf dem Weg, liebe missionarische Familien. Die Gnade der Taufe, der Firmung und der Ehe, in der Eucharistie und dem Sakrament der Versöhnung erneuert, wird euch jeden Augenblick eures Lebens stützen. Von dieser übernatürlichen Unterstützung gestärkt sollt ihr bereit sein, Zeugnis für die Hoffnung zu geben, die in euch ist (vgl. 1 Petr 3,15). Die Heilige Familie von Nazareth sei euer Vorbild und eure Beschützerin. Es begleite euch auch der Apostolische Segen, den ich euch und euren Gemeinschaften jetzt von ganzem Herzen erteile.
An der Begegnung nahmen Kardinal Lopez Trujillo, Erzbischof Massimino Romero, die Bischöfe Jan Pawel Lenga, Paul Cordes, Luigi Boccadoro und Giulio Salimei teil. Ebenfalls anwesend waren Kiko Argüello und Carmen Hernández, Initiatoren des Neokatechumenalen Weges. 180 Familien des Weges, die lange Zeit in Missionsländern tätig waren, nahmen ebenfalls teil.
(*) Vgl. „L’Osservatore Romano“ 12.-13. Dezember 1994 (eigene Übersetzung aus dem Italienischen).